Verschwunden während der Diktatur – Amparo Almeida Araújo erzählt die Geschichte ihres Bruders Luiz

Amparo_buscaLuiz“Mein Bruder war Luiz Almeida Araújo, Codename Ludovico – und für uns zu Hause Lula. Das ist der Spitzname für Luíz, in Brasilien und vor allem im Nordosten. Alle Luízes werden am Ende Lula gerufen, oder Luizinho. [lacht] Und er war in der ALN, der Ação Libertadora Nacional. Ich wohnte zu dieser Zeit bei ihm. Denn er war noch nicht im Untergrund, sondern lebte im Viertel Perdizes [in São Paulo].”

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Für Erinnerung, Wahrheit und Gerechtigkeit

 ZIVILGESELLSCHAFTLICHE AUFARBEITUNG DER BRASILIANISCHEN  DIKTATUR AM BEISPIEL DES BUNDESSTAATES PERNAMBUCO

Mit dem Abschlussbericht der Nationalen Wahrheitskommission hat der brasilianische Staat im Dezember 2014 erstmals umfassend Verantwortung für die massiven Menschenrechtsverletzungen übernommen, die während der Diktatur (1964–1985) begangen worden sind. Zuvor war es vor allem die Zivilgesellschaft, die historische Aufarbeitung und Erinnerungsarbeit leistete und sich für die juristische Verfolgung der Verantwortlichen einsetzte. Das offizielle Bekenntnis zur Wahrheit ist daher ein wichtiger, längst überfälliger Schritt für Brasilien.

Die lange Liste von Empfehlungen für notwendige staatliche Aufarbeitungs- und Demokratisierungsmaßnahmen und die Frustration und Hilflosigkeit der Kommission angesichts der verschlossenen Militärarchive zeigen jedoch, dass dies nur der Anfang gewesen sein kann. Die Arbeit der zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeit ist heute wichtiger denn je, um die Erkenntnisse des Berichts in eine echte Chance zu verwandeln, aber auch um an die offenen Fragen zu erinnern und dafür zu kämpfen, dass die Wahrheit nicht länger Unterpfand der Täter bleibt.

«Es ist leicht zu sagen, dass wir im Namen der nationalen Versöhnung alles vergessen müssen, während es so viele Familien gibt, die ihre Kinder suchen, ohne zu wissen, ob sie am Leben sind oder wo sie sind, ob sie tot sind und auf welchen Friedhöfen sie liegen. Wir wollen keine Rache, sondern Gerechtigkeit.»
Rosalina Santa Cruz, deren Bruder Fernando 1974 verhaftet wurde und seitdem «verschwunden» ist.

National Truth Commission hands over final report to President Dilma Rousseff

National Truth Commission hands over final report to President Dilma Rousseff

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Das Klingeln an der Tür

Die Geschwister Amparo und Luiz Almeida Araújo verließen ihr Elternhaus Mitte der 60er Jahre und schlossen sich dem kommunistischen Widerstand an. Luiz wurde mehrfach inhaftiert und gefoltert und ging 1970 in den Untergrund. Im Juni 1971 wurde er in São Paulo entführt, nachdem er sein Auto für eine Aktion des Widerstands zur Verfügung gestellt hatte. Er war damals 27 Jahre alt. Bis heute gilt er als verschwunden. In Militärdokumenten ist inzwischen ein Vermerk zu seiner Person aufgetaucht: “AUG/71 – ist angeblich tot.”

Die Geschwister Maria do Amparo und Luiz Almeida Araújo mit  dessen Freundin María José (Mitte) / Os irmãos Maria do Amparo e Luiz Almeida Araújo com a namorada dele, María José (no meio)

Die Geschwister Maria do Amparo und Luiz Almeida Araújo mit dessen Freundin María José (Mitte) / Os irmãos Maria do Amparo e Luiz Almeida Araújo com a namorada dele, María José (no meio)

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“Wir haben Manoel nach Hause geholt.” – Das Kulturzentrum Manoel Lisboa

Das kleine rot-weiße Häuschen auf der Rua Carneiro Vinela wirkt im Hochhäusermeer der Millionenstadt Recife ungewohnt idyllisch. Während sich in 50 Metern Entfernung hupende Autos auf der mehrspurigen Rua Conselheiro Portela stauen, ist hier nichts zu hören außer Vogelgezwitscher. Edival Nunes Cajá, der Direktor des Kulturzentrums Manoel Lisboa (Centro Cultural Manoel Lisboa), empfängt mich an der Gartenpforte und führt mich durch den kleinen gepflegten Vorgarten ins Haus.

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Das Folterzentrum des DOI-CODI in Recife

Die juristische Fakultät von Recife. Viele der ehemaligen politischen Gefangen, die im DOI-CODI gefoltert wurden, erinnern sich bis heute an das Schlagen der Uhr im Turm des Gebäudes. Die Turmuhr ist die einzige der Stadt, die zu jeder vollen Stunde schlägt.

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Was war das DOI-CODI?

Die als Sonderkommando für Informationsoperationen – Zentrale für innere Sicherheit (portugiesisch Destacamento de Operações de Informações-Centro de Defesa Interna, DOI-CODI) bezeichnete geheimdienstliche Behörde, war der Armee unterstellt. Ihre Aufgabe war die Verfolgung und Repression „innerer Feinde“, die die nationale Sicherheit bedrohten. Im Kontext des kalten Krieges waren damit insbesondere die linken Widerstandsgruppen gemeint. Continue reading

Was ist die Nationale Wahrheitskommission?

Die Nationale Wahrheitskommission, portugiesisch Comissão Nacional da Verdade (CNV), wurde am 16. Mai 2012 durch das Gesetz 12.528 eingesetzt. Ihre Aufgabe ist es, schwere Menschenrechtsverletzungen aufzuklären, die zwischen dem 18. September 1946 und dem 5. Oktober 1988 in Brasilien und an Brasilianern im Ausland begangen wurden.

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Die Wahrheits- und Erinnerungskommission Dom Hélder Câmara

Die Wahrheits- und Erinnerungskommission Dom Hélder Câmara des brasilianischen Bundesstaates Pernambuco, portugiesisch Comissão Estadual da Memória e Verdade Dom Hélder Câmara (CEMVDH), wurde am 1. Juni 2012 vom damaligen Gouverneur des Staates Pernambuco, Eduardo Campos, eingesetzt. Das Gesetz 14.688 legt die Ziele und Aufgaben der Kommission fest.

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Vom rätselhaften Tod eines Folterers

Ein ehemaliger Offizier wird nach einem Einbruch tot in seinem Haus in Rio de Janeiro aufgefunden. Viele Waffen und insbesondere mehrere Laptops wurden entwendet. Und das nur wenige Wochen, nachdem er während einer Anhörung vor der Nationalen Wahrheitskommission stolz berichtet hatte, wie und mit wem er während der Diktatur brutal folterte und tötete. Ein Zufall? Kaum vorstellbar.

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