Nach dem Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 und dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg, wurden mehr als 110.000 in den USA lebende Menschen mit japanischen Wurzeln in Internierungslager eingesperrt. Im Oktober 2016 besuchte ich die Gedenkstätte Manzanar in Kalifornien, die an das Geschehen erinnert.
„Ein Jap bleibt ein Jap, egal, ob der Jap ein Staatsbürger ist oder nicht.” – General John Lesesne DeWitt, zuständig für die Internierung
Bereits seit der Ankunft der ersten japanischen Einwanderer in den USA Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts begegneten ihnen der amerikanische Staat und Teile der Bevölkerung mit Misstrauen. Vielerorts verhinderten Gesetze, dass Japaner die amerikanische Staatsbürgerschaft erwerben konnten. Sie wurden von vielen öffentlichen Bereichen ausgeschlossen – durften teilweise nicht die selben Schulen besuchen wie “weiße” Amerikaner, geschweige denn diese heiraten. Der Immigration Act of 1924, auch als Asian Exclusion Act bekannt, verbot schließlich die Zuwanderung weiterer Menschen aus Asien.
Im Februar 1942, wenige Monate nach dem Angriff auf Pearl Harbor, unterzeichnete Präsident Franklin D. Roosevelt die Präsidialverordnung 9066. Die Anweisung erlaubte es dem Kriegsminister, bestimmte Gebiete zu Militärzonen zu erklären. Aus ihnen durften Menschen ausgesiedelt werden, wenn sie eine „Gefahr für die Nationale Sicherheit“ darstellten. Der Westen der USA geriet aufgrund der Nähe zu Pearl Habor besonders in den Fokus. Vorhandene Ressentimens und rassistische Vorurteile gegen Menschen japanischer Abstammung trafen nun auf die Hysterie des Krieges. Auf der Straße, in den Medien aber auch durch führende Politikvertreter wurden Menschen mit japanischen Wurzeln und allgemein mit asiatischem Aussehen diffamiert, beschimpft und angegriffen.
Der gesamte Bundesstaat Kalifornien und weite Teile Washingtons, Oregons und Arizonas wurden zu Militärzonen erklärt. Nächtliche Ausgangssperren wurden eingeführt und sowohl japanische Staatsbürger, die in den USA lebten, als auch japanischstämmige US-Amerikaner wurden im Frühjahr 1942 aufgefordert, sich für den Abtransport zu melden. Widerstand gegen militärische Anweisungen wurde bestraft. Familien wurden von Soldaten aus ihren Häusern geholt, ließen alles zurück. Ihre Konten wurden eingefroren, Grundstücke fielen an den Staat oder wurden zu Billigstpreisen zwangsverkauft.
Die „Umzusiedelnden“ wurden zuerst in temporäre Auffangzentren gebracht. Diese lagen in der Regel auf beschlagnahmten Wiesen oder dem Gelände von Pferderennbahnen, wo viele der Betroffenen in notdürftig hergerichteten Stallboxen hausen mussten. Als die sogenannten War Relocation Centers, die Internierungslager, fertig gebaut waren, wurden die Menschen dorthin überführt. Eins der insgesamt zehn Lager war das War Relocation Center Manzanar im Osten Kaliforniens. Seit 1992 ist es als National Historic Site ausgewiesen und Treffpunkt jährlicher Zusammenkünfte von Überlebenden der Internierung.
Die Lager befanden sich oft in verwüsteten Landesteilen mit harten Witterungsbedingungen. Die Baracken bestanden größtenteils aus Teerpappe und die Familien lebten in winzigen ärmlichen „Appartments“, deren Wände oft noch nicht einmal bis zur Decke reichten.Mütter legten ihre Kinder im Sommer oft unter den Fußboden der Baracken, um sie vor der Hitze zu schützen. Im Winter war es aufgrund der Winde und der Kälte oft unmöglich, das Haus zu verlassen.
Die Lager wurden von bewaffneten Soldaten bewacht und waren mit Stacheldraht umzäunt. Bis zu 18.000 Menschen lebten in den ärmlichen Ghettos. Die Regierung sorgte für eine rudimentäre medizinischer Versorgung, Essen und Bildung. Erwachsene konnten für Niedrigstlöhne kleinere Jobs übernehmen. Das medizinische Personal und die Lehrenden waren oft Lagerinsassen.


Die Inhaftierten mussten immer wieder ihre Loyalität zu den USA beweisen, dem Land, dass sie deportiert und interniert hatte. Junge Männer wurden unter Druck gesetzt, mit der Armee in den Krieg nach Europa zu ziehen, oft gegen den Willen ihrer Familien. Es gab Loyalitätstests, in denen die Internierten aufgefordert wurden, dem japanischen Kaiser abzuschwören – eine weitreichende Entscheidung insbesondere für jene Einwanderer, denen die amerikanische Staatsbürgerschaft bislang verweigert worden war und die gedrängt wurden, nun auch die verbliebene japanische aufzugeben und „staatenlos“ zu werden. Widerstand wurde als Mangel an Loyalität bewertet.
“Wir wurden zusammengetrieben und in 10 mit Stacheldraht umzäunte Gefängniscamps gesperrt – an einigen der einsamsten Orte in Amerika.” George Takei, Schauspieler, über sein Leben und das seiner Familie während der Deportation:
Neun der Internierungslager wurden 1945 nach Kriegsende geschlossen, das letzte im März 1946. US-Präsident Gerald Ford annullierte die Präsidialverordnung 9066 am 19. Februar 1976. Sein Nachfolger Jimmy Carter unterschrieb 1980 ein Gesetz zur Gründung einer Kommission über die Umsiedlung und Internierung von Zivilisten während des Krieges (Commission on Wartime Relocation and Internment of Civilians, CWRIC). 1983 veröffentlichte die Kommission einen Bericht, in dem sie die massenhafte Inhaftierung von japanischstämmigen US-Amerikanern während des Zweiten Weltkrieges scharf kritisierte. Sie habe nicht nur jeder militärischen Notwendigkeit entbehrt, sondern sei einzig in „rassistischen Vorurteilen, kriegsbedingter Hysterie und im Versagen der politischen Führung“ begründet gewesen.
Auf Empfehlung der Kommission erkannte die US-Regierung das begangene Unrecht an und entschuldigte sich öffentlich. Ein Bildungsfond wurde eingerichtet mit der Aufgabe, die Öffentlichkeit über das Geschehene zu informieren, die Betroffenen zu entschädigen und zu verhindern, dass sich derartiges in Zukunft wiederhole. Mehr als 82.000 japanischstämmige US-Amerikaner, die die Internierung überlebt hatten, erhielten je 20.000 Dollar Entschädigungszahlung durch die US-Regierung. Dies galt ebenso für die Mitglieder des Aleutenvolkes in Alaska, die ebenfalls „umgesiedelt“ worden waren.
Der 19. Februar, der Tag an dem 1942 die Präsidialverordnung unterzeichnet wurde, ist, heute der Tag der Erinnerung (Day of Remembrance, DOR), an dem in den USA an die Internierung japanischstämmiger Amerikaner während des Zweiten Weltkrieges gedacht wird.
Japanischstämmige Amerikaner blicken auf ihre Zeit in den Internierungslagern zurück. Die Stimmungsmache gegen Muslime in den USA erinnert sie an ihre eigene Vergangenheit, sagen sie:
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Die Nichtregierungsorganisation Densho hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichten der Überlebenden aus den Internierungslagern zu dokumentieren und leistet einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur und Menschenrechtsbildung. Weitere Informationen auf densho.org