Fernando de Noronha: Die wunderschöne Insel vor der Küste Recifes gilt in Brasilien als Urlaubsparadies. Einsame Strände, Korallenriffe und gastfreundliche Bewohner machen den Ort zum Traumziel, das ich und meine Freundin Jule im Juni 2014 besuchten. Doch das war Fernando de Noronha nicht immer.
Seit dem 18. Jahrhundert wurde die Insel erst von den Portugiesen, dann von den Brasilianern als Strafkolonie genutzt. Zwischen 1938 und 1945 wurden politische Gefangene im Gefängnis der Insel festgehalten und gefoltert.
1941 erwarb die US-Kriegsmarine die Nutzungsrechte für einen Teil der Insel und nutzte ihn als Basis zur Flugradarüberwachung für die Alliierten. Später, während des Kalten Krieges, bauten die Amerikaner außerdem eine Cruise Missiles-Überwachungsstation am Strand von Boldró. Überbleibsel dieser Zeit sind die sogenannten „Iglus“, von dem Amerikanern errichtete flache Gebäude mit runden Dächern, die überall auf der Insel zu finden sind.
Während die meisten dieser Iglus heute als Ruinen herumstehen, werden einige heute von den Bewohnern für andere Zwecke genutzt. Die besten Tapioca und Açaí bekommt bei Djanira, die einen der “Iglus” zu einem kleinen Café umgebaut hat.
1964 bis 1967, während der brasilianischen Militärdiktatur, wurden etwa 30-40 politische Gefangene auf der Insel inhaftiert, darunter die beiden abgesetzten Gouverneure von Pernambuco und Sergipe, Miguel Arraes de Alencar und João de Seixas Dória. Beide wurden abgeschottet von den übrigen Gefangenen in einem der “Iglus” festgehalten. In dem Gebäude befindet sich heute ein Tauchzentrum. Nur eine kleine Plakette am Eingang weist auf das Schicksal des ehemaligen Gouverneurs hin. Arraes, der sich am 1. April dem Rücktrittsbefehl der Militärs widersetzt hatte, blieb neun Monate in Inselhaft.
Ironie des Schicksals; als der Archipel 1988 wieder an den Staat Pernambuco angegliedert wurde, war ausgerechnet Miguel Arraes de Alencar erneut Gouverneur des Bundesstaates.
Die Mehrheit der politischen Gefangenen wurde in der Kaserne des 30. Infanteriebataillons in der Kleinstadt Vila do Trinta inhaftiert, die ihren Namen dem Bataillon verdankt. Heute befinden sich in dem Gebäude eine Reihe von Geschäften und die Zentrale der Polizei (polícia militar) von Fernando de Noronha. Wenn man nett bittet, kann man eine der ehemaligen Zellen besichtigen. In Stand gehalten werden diese jedoch leider nicht.
Die meisten Häftlinge blieben mehrere Monate, solange, bis das politische Verfahren gegen sie abgeschlossen und ein Urteilsschluss erfolgt war. Sie nannten Fernando de Noronha die ‚verfluchte Insel‘ oder die ‚Insel des Teufels‘. „Wir waren zweifach gefangen. Umzingelt von Wasser und Haien und eingesperrt in einem Raum, der von Soldaten bewacht wurde“, erzählte der Anwalt und Gewerkschafter Luiz Hugo Guimarães Jahrzehnte später. Insbesondere Zwangsarbeit und Isolation setzten den Häftlingen schwer zu. Es gab keine Besuche. Jeder Brief ging durch die Hände der Militärs und wurde zensiert.
Weitere Informationen (in portugiesicher Sprache) über die Geschichte der Insel auf dem Blog der Historikerin Marietas Borges